Berlin, irgendein Tag, irgendein Bezirk. Der filzhosige Pantomime an der Straßenecke macht eine Pause. Zigarette gedreht und dann ein weiter Blick in die Leere. Wenige Augenblicke zuvor bewegte er sich durch Räume, die nur er gesehen hat und die offenbar mit allerlei Dingen gefüllt waren, um die er sich herumschlängeln musste. In seinem Hut hat er dann gesammelt. Seine Gage beträgt einige wenige Euro und auch einige nutzlose, internationale Währungen in Münzen. All diese Arbeit für ein paar Almosen?
Die Konkurrenz ist groß in Berlin, bei dem enormen und
vielfältigen Angebot dieser Stadt kann man nicht überall gleich viel in den Hut
werfen. Außerdem möchte man am Abend noch in das neue Stück dieses angesagten
Proletariats-Regietheater-Genies in jenem etabliert-angesagten Volkstheater und
das kostet ja dann auch wieder was + Getränke. Doch wie weiß man, warum man
dieses eine Theaterstück unbedingt, den Pantomimen auf der Straße demgegenüber nur
nebenbei finanziell würdigen möchte? Ist nicht der Umstand, dass staatlich
finanzierte Kulturinstitutionen einen großen Happen vom kleinen Kuchenstück des
Senatshaushalts abbekommen und dann auch das meiste Publikum erreichen, ein
Indiz dafür, dass sich Kulturförderung lohnt? Ein spekulativer Allgemeinplatz
zwar, doch er kommt wohl nicht von ungefähr. Gesellschaft fordert kulturelle
Unterhaltung. Die Forderung legitimiert die Förderung. Und die staatliche
Förderung gibt es auch: Ein Großteil geht an die Institutionen – und die freie
Szene? Teilt sich die Kuchenkrümel.
Laut Koalition der Freien Szene aller Künste in Berlin sind 95% der Kulturschaffenden Berlins in der freien Szene verortet, erhalten aber nur 5% des Berliner Kulturhaushaltes. Eine soziale Plastik, die nicht durch institutionelle Artefakte zu greifen ist. Doch die Szene weiß sich selbst zu helfen. Mit Beratungen zu Fördersystemen und Antragsstellungen versucht der Landesverband freie darstellende Künste Berlin e.V. (LAFT) eine »Grundlage für solidarische Vernetzung« zu schaffen. Die Frage nach der Verteilungsgerechtigkeit bleibt. Über sie hat die Kulturpolitik zu entscheiden. Was aber heißt das für den Pantomimen auf der Straße? Während sich andere streiten, zieht er seinen geleerten Hut auf. Ich würde den Pantomimen gerne zu Joseph Beuys befragen, doch ich fürchte mich vor seinem Schweigen. //mn
Laut Koalition der Freien Szene aller Künste in Berlin sind 95% der Kulturschaffenden Berlins in der freien Szene verortet, erhalten aber nur 5% des Berliner Kulturhaushaltes. Eine soziale Plastik, die nicht durch institutionelle Artefakte zu greifen ist. Doch die Szene weiß sich selbst zu helfen. Mit Beratungen zu Fördersystemen und Antragsstellungen versucht der Landesverband freie darstellende Künste Berlin e.V. (LAFT) eine »Grundlage für solidarische Vernetzung« zu schaffen. Die Frage nach der Verteilungsgerechtigkeit bleibt. Über sie hat die Kulturpolitik zu entscheiden. Was aber heißt das für den Pantomimen auf der Straße? Während sich andere streiten, zieht er seinen geleerten Hut auf. Ich würde den Pantomimen gerne zu Joseph Beuys befragen, doch ich fürchte mich vor seinem Schweigen. //mn
Die Koalition der Freien Szene aller Künste und LAFT sind in Expertengesprächen auf dem 100° Festival vertreten.
Termine:
Do, 20.2., 21:00 / Bar HAU 1
Expertenstunde LAFT
Fr, 21.2., 19:00 / Sophiensäle 213
Expertenstunde LAFT
Sa, 22.2., 19:00 / HAU 1
Expertenstunde Koalition
So, 23.2., 17:00 / HAU 1 Bar
Podiumsdiskussion: Lebensentwürfe und Ästhetik in der freien Szene
So, 23.2., 18:00 / Sophiensäle 213
Expertenstunde LAFT: "New in Berlin?" – An introduction with Elena Polzer