Montag, 24. Februar 2014

Wenn er mein Herz tropfend aus dem Brustkorb hebt

Anna-Lena Kühner | Autopsie


Die nächste Begegnung mit ungekochten Spaghetti dürfte für den Zuschauer befremdlich ausfallen. Ebenso diejenige mit dem Handrührgerät seiner Küche. Trockene Spaghetti, wenn man sie bricht, klingen wie sich spaltende Knochen, ein elektrisches Handrührgerät wie ein Knochenbohrer. Ein Holzstab in einem blättergefüllten Schuhkarton schlägt Schritte durch giftigen Efeu, Papier reißt wie das Polohemd und das Handrührgerät manuell lässt die Räder des Rollbettes quietschen, auf dem Howard gelähmt, aber bei vollem Bewusstsein in den Autopsieraum geschoben wird. In einer dynamischen Verbindung aus Schauspiel und Hörspiel erzählen die drei Performer einen Alptraum von bemerkenswerter Intensität. Stephen King wäre zufrieden.   //sim

Sonntag, 23. Februar 2014

Wenn sonntagmorgens die Milch für den Kaffee alle ist


Wir haben Anna-Lena Kühner nach den Dingen gefragt, die sie mag (Ironie | Zombiefilme | Coverversionen von guten Songs finden, die besser als das Original sind) und die sie nicht mag (Kakerlaken | Berliner Gehwege voller Hundekacke | sonntags aufwachen und feststellen, dass die Milch für den Kaffee alle ist) – und dann daraus eine kleine Geschichte aus dem versehrten Leben geschrieben. 

Nur eins ist schlimmer: Wenn während der Depression einer Zombieapokalypse sonntagsmorgens die Milch für den Kaffee alle ist. Langsam nur dämmert im Halbschlaf die Realisation, langsam nur wird die Kaffeelosigkeit zur Gewissheit. Es ist so dunkel, dass ich für einige Zeit glaube – wie lange genau, weiß ich nicht –, ich sei noch immer bewusstlos. (Stephen King)


Noch halb im Heile-Welt-Traum kämpft man sich aus der Bettdecke, die sich im Schlaf heimtückisch um die Beine gewickelt hat, stolpert über Gehwege voller versteinerter Hundekacke und durch das Unterholz von Berliner Parks auf der Suche nach einem Kiosk, einer Tankstelle, nach kühler, weißer Vollmilch. Hat man das entlegene Füllhorn dann entdeckt, ist es meist immer dasselbe: Der Besitzer ist schon mutiert und man schlägt ihm den Schädel mit Handquirl oder Toiletten-Gummipümpel ein, oder die Tankstelle ist bereits geplündert und von Kakerlakenkolonien bevölkert mit Schimmepilzpunktemustern auf Tresen und leergeräumten Regalen. Milch gibts hier jedenfalls nicht. Einziger Lichtblick an diesem tristen Tag: Der Zombiepenner, der im Park auf seiner Gitarre dudelt, spielt die weltweit schönste Coverversion von Mrs Robinson. Besser als das Original. 

//ar

Anna-Lena Kühner
Autopsie
Sonntag, 20 Uhr
HAU2 Foyer